Resilienz ist mittlerweile ein gängiger Begriff. Doch was ist damit gemeint? Hat das jeder? Lässt sich das üben? Und wie kann ich meine Resilienz stärken? Diese Fragen wollen wir nicht nur klären, sondern dir auch noch hilfreiche Tipps und Tricks an die Hand geben, wie du deine Resilienz ohne großen Aufwand nachhaltig stärken kannst.
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Das Wort Resilienz kommt eigentlich aus der Physik und wird dort für Stoffe gebraucht, die nach einer Belastung wieder in ihren Ausgangszustand zurückspringen (lat. resilire: zurückspringen, abprallen). Nach und nach hat er aber auch Einzug in andere Wissenschaften wie die Psychologie oder Soziologie gehalten. Hier bezeichnet Resilienz die menschliche Fähigkeit, ohne dauerhafte Schädigung aus einer Krisensituation zu kommen. Je resilienter ein Mensch ist, desto schneller findet er nach einer Phase psychischer Belastung wieder in seinen Ausgangszustand zurück. Manche sprechen daher auch gerne vom seelischen Immunsystem.
Ist Resilienz angeboren?
Ja und nein. Resilienz an sich ist ein Spektrum – auch hier greift die Metapher des seelischen Immunsystems sehr gut. Erst einmal besitzt jeder Mensch ein Immunsystem. Bei einigen ist es vielleicht von Geburt an etwas robuster als bei anderen, aber jeder wird damit geboren. Und genau wie wir unseren Körper bei der Abwehr von Krankheiten durch bestimmte Handlungen unterstützen können, so können wir auch unsere Psyche vorbereiten und bei der Bewältigung von Krisensituationen unterstützen. Die gute Neuigkeit lautet also: Resilienz lässt sich üben und stärken, auch schon im Kindesalter. Der Ausbau der eigenen Resilienz ist ein dynamischer Prozess, der sich wie wir selbst auch immer wieder verändern kann.
Resilienz stärken – Übung macht den Meister
Hier findest du 12 Tipps und Tricks, mit denen du deine Resilienz Stück für Stück stärken kannst, um besser durch aktuelle und zukünftige Krisen zu kommen:
1. Erkenne deine eigenen Fähigkeiten an
Nimm dir ein Blatt Papier und notiere deine Fähigkeiten, Talente und Stärken. Du kannst sie bspw. nach Arbeit – soziale Beziehungen – Hobbies oder Denken – Fühlen – Handeln gruppieren. Sammle unter jeder Kategorie Punkte, die du gut kannst. Fällt es dir leicht, fokussiert zu bleiben? Bist du optimistisch? Empathisch? Packst du Dinge gerne direkt an? Egal was du gut kannst – sammle es und mach dir bewusst, wie viele Ressourcen du besitzt, die dir in einer Krisensituation helfen können.
2. Unterscheide zwischen Glück und Leistung
Vielen Menschen fällt es schwer, eigene Leistungen anzuerkennen: Sie führen Misserfolge mit Leichtigkeit auf ein persönliches Versagen ihrerseits zurück und schreiben alle Erfolge dem Zufall zu. Dieses Denkmuster sorgt auf lange Sicht dafür, dass Krisen immer häufiger als Beweis persönlicher Unzulänglichkeit gewertet werden und das Selbstwertgefühl immer stärker angreifen – die eigene Resilienz sinkt. Indem du dir vor Augen führst, was du alles schon geleistet hast, wirst du dir deiner Kompetenzen und Handlungsfähigkeit bewusst und stärkst dein Selbstwertgefühl.
3. Reflektiere frühere Krisen
Überlege, welche Krisen du in der Vergangenheit schon überstanden hast. So kannst du dir auf der einen Seite bewusst machen, dass Krisen immer Phasen sind, die auch wieder vorbei gehen. Und auf der anderen Seite kannst du reflektieren, wie du sie gemeistert hast, was dir dabei geholfen hat und was dir noch gefehlt hat.
4. Sei optimistisch
Ein gesunder Optimismus bestimmt nicht nur die Art, wie wir gegenwärtige Ereignisse bewerten, sondern auch unsere Erwartungen an zukünftige Ereignisse. Wer Gutes erwartet – also danach sucht – der wird es auch häufiger finden. Das hat Auswirkungen auf die eigene Resilienz, denn wenn wir davon ausgehen, dass auch wieder Positives in unser Leben tritt, fällt es uns leichter, Krisen als vorübergehende Phasen zu erkennen. Das heißt natürlich nicht, dass du naiv und blauäugig durchs Leben gehen sollst. Versuche stattdessen, dir die guten Dinge bewusst zu machen, die deinen Weg kreuzen. Wenn dir das noch schwerfällt, nimm dir abends bewusst ein wenig Zeit und notiere einige positive Momente deines Tages.
5. Mach den Reality Check
Egal ob bei selbst gesetzten oder vorgegebenen Zielen – überprüfe die Erwartungen und deinen aktuellen Stand. Gerade perfektionistische Ansprüche an sich selbst und die eigene Arbeit können auf lange Sicht zu Frustration führen. Mit jedem zu hoch gesteckten Ziel, dass wir nicht erreichen können, schrumpft unser Selbstwertgefühl und führt auf Dauer dazu, dass wir uns handlungsunfähig fühlen. Hole dir Feedback von Kollegen und Vorgesetzten zu Aufgaben ein, informiere dich über Erwartungshorizonte, evaluiere persönliche Ziele neu und passe sie wenn nötig an.
6. Nimm dir Zeit für dich
Ein vermeintlich sehr einfacher Ratschlag, der dennoch vielen Menschen immer wieder Schwierigkeiten bereitet. Schließlich enden unsere Verpflichtungen nicht mit dem Ende des Arbeitstages. Das soll aber auch gar nicht das Ziel sein. Mache dir stattdessen bewusst, dass alle Ressourcen endlich sind – wenn du 24/7 in Alarmbereitschaft bist, wirst du keine psychischen und emotionalen Rücklagen mehr für Krisensituationen haben. Schaffe dir kleine Ruheinseln, schnapp dir ein Buch, etwas zum Werkeln, mach Sport oder leg eine kreative Pause ein. Regelmäßige Auszeiten helfen dir dabei, Aufgaben ausgeglichener zu bewältigen.
7. Brich gewohnte Denkmuster auf
Ein wiederkehrendes Problem bei geringer Resilienz ist das Gefühl, nicht handlungsfähig und einer Krise stattdessen komplett ausgeliefert zu sein. Denkmuster, die davon ausgehen, dass es immer nur die eine richtige Lösung gibt, können das Gefühl fehlender Handlungsfähigkeit noch verstärken. Versuche, kreativ zu sein und außerhalb der Box zu denken. Sammle unterschiedliche Lösungsansätze zu einem Problem und notiere sie. Die eigene Kreativität und Problemlösungskompetenzen zu schulen bietet dir weitere Ressourcen, die du im Fall einer Krise nutzen kannst.
8. Handle proaktiv
Zur Proaktivität schreibt der Duden: „durch differenzierte Vorausplanung und zielgerichtetes Handeln die Entwicklung eines Geschehens selbst bestimmend und eine Situation herbeiführend“. Erkennst du das Muster? Selbstbestimmung, Selbstwirksamkeit und Handlungsfähigkeit – sie bilden den Kern und das Ergebnis proaktiven Handelns. Übe dich darin, Aufgaben und Probleme anzugehen, bevor sie dringend werden. Nimm die Zügel in die Hand und du wirst sehen, wie viel leichter dir die konsequente Umsetzung proaktiver Handlungsweisen schon nach kurzer Zeit fallen wird. Belohnt wirst du mit der Bestätigung deiner Selbstwirksamkeit und Handlungsfähigkeit. Ein gutes Rüstzeug für kommende Krisen.
9. Pflege soziale Beziehungen
Die Pflege von Kontakten und der Aufbau von Netzwerken ist ein weiterer Aspekt, der für die Ausbildung von Resilienz eine große Rolle spielt. Vielleicht denkst du gerade an den Spruch „Geteiltes Leid ist halbes Leid“ – das mag zutreffen, allerdings setzt der positive Nutzen der Kontaktpflege schon viel früher ein. Wenn du mehr positive und starke Beziehungen zu anderen knüpfst, kann sich das positiv auf dein eigenes Selbstwertgefühl auswirken und dir Vertrauen darin geben, dass andere für dich da sind und dir helfen, wenn es notwendig ist.
10. Suche nach Veränderungen
Flexibilität ist ein hilfreiches Werkzeug, wenn es darum geht, eine Krise zu bewältigen. Resiliente Menschen sind häufig auch flexibler als andere. Keine Sorge, du musst nicht all deine Zelte abbrechen, nur um dich in Flexibilität zu üben. Halte stattdessen im Alltag Ausschau nach Möglichkeiten, immer wieder etwas dazuzulernen – egal was. So bleibst du geistig fit und flexibel, tust etwas für dein Selbstwertgefühl und sammelst Ressourcen, die dir bei der Überwindung einer Belastungssituation helfen können.
11. Bleibe handlungsfähig
Handlungsfähigkeit spielt eine große Rolle bei der Frage, was Resilienz ist und was sie ausmacht. Menschen, die sich selbst als handlungsfähig betrachten, werden deutlich seltener das Gefühl haben, dass sie einer Krise hilflos ausgeliefert sind. Bestätige dein eigenes Empfinden deiner Handlungsfähigkeit immer wieder durch lösungsorientiertes und proaktives Handeln und vergewissere dich deiner Selbstbestimmtheit. Dadurch wird es dir leichter fallen, Belastungssituationen als vorübergehende Phasen zu erkennen, die du zu einem gewissen Grad eindämmen und überwinden kannst und du vermeidest aktiv, in die Opferrolle zu fallen.
12. Nutze kleine Krisen
Übung macht den Meister – nutze die kleinen Alltagskrisen, um dich selbst in Stresssituationen zu beobachten, deine Handhabung zu reflektieren und nützliche Strategien zu sammeln, die dir bei der Bewältigung geholfen haben. So sammelst du nicht nur immer mehr Handwerkszeug für den Umgang mit Krisen, sondern festigst und verinnerlichst aktiv die Praktiken, die für dich am besten funktionieren.
Kurz gesagt
Bei Resilienz geht es darum, psychische Belastungssituationen zu überwinden und wieder in seinen Ausgangszustand zurückzufinden. Lösungsorientiertes, proaktives Verhalten, Selbstreflexion und Flexibilität zählen zu den zentralen Werkzeugen, die dir dabei helfen, deine eigene Resilienz zu stärken. Wer seine eigenen Fähigkeiten anerkennt und selbstbestimmt handelt, wird sich selbst als handlungsfähig betrachten und sich in Krisensituationen nicht hilflos ausgeliefert fühlen. Belastungssituationen sind vorübergehende Phasen, die wir überwinden können. Eine Stärkung deiner Resilienz kann dir sogar dabei helfen, Krisen in ihrem Ausmaß einzudämmen und schneller hinter dir zu lassen.
Einen detaillierten Überblick über das Thema findest du hier: