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Mit Kindern über Krieg sprechen: 8 wertvolle Tipps

Mit Kindern über Krieg sprechen: 8 wertvolle Tipps

Mit Kindern über Krieg sprechen: Das erscheint sehr schwierig.
Manchmal geschehen Dinge, die die gesamte Welt erschüttern. Von Terroranschlägen wie 9/11 oder Nizza, über Naturkatastrophen wie Tsunamis, Erdbeben und Wirbelstürme bis hin zu Kriegen wie zuletzt in der Ukraine und Israel. Auch für Erwachsene stellen diese Ereignisse eine Belastung im Alltag dar. Für die Kinder, die mitunter durch die sozialen Medien einen ungefilterten und unkommentierten Eindruck in die Krisen bekommen, können derartige Krisenzeiten sehr verwirrend und beängstigend sein. Wie können wir mit Kindern über Krieg sprechen?

Fest steht, dass sie nicht mit den Informationen allein gelassen werden dürfen. Sie bekommen durch ihr privates Umfeld und den Zugang zum Internet deutlich mehr mit, als uns manchmal bewusst wird. Eine richtige Begleitung und Einordnung kann ihnen dabei helfen, mit den schlechten Dingen im Leben umzugehen und sich besser von den gesehenen Bildern zu distanzieren.

Es ist nachvollziehbar, dass man die Kinder am liebsten vor all den schlechten Dingen wie Krieg, Katastrophen, Krankheiten und Krisen schützen möchte und sie davon fernhalten will. Leider ist dies aber nicht immer möglich. Verstörende Nachrichten und brutale Bilder können nicht komplett verbannt werden und dennoch können sie die Kinder verunsichern und ängstigen.

Eliane Perret und Rüdiger Maas haben an ihrem Buch an einem Ratgeber gearbeitet, um Eltern, Pädagog*innen und Lehrpersonal eine Art Leitfaden an die Hand zu geben, wenn es darum geht, mit Kindern allen Altersgruppen über Krieg, Naturkatastrophen und andere Krisenzeiten zu sprechen. Die beiden Autor*innen sind durch ihre Arbeiten in der Pädagogik und Generationsforschung bekannt.

Unterschiedliche Mediennutzung

Aufgrund der sich rasanten Entwicklung des Internets hat sich auch der Umgang damit stark verändert. Wo früher die Zeitung und die Tagesschau als verlässliche, aber auch zeitlich eingeschränkte Quellen der Information herangezogen wurden, haben wir nun einen uneingeschränkten Zugriff auf Nachrichten jeglicher Art.

Die Mediennutzung unterscheidet sich sehr nach Altersgruppe und auch nach individuellen Wahrnehmungen und Erfahrungen. Der allgemeine Umgang im Netz beeinflusst stark, was uns angezeigt wird. Die Algorithmen berechnen aufgrund von Klicks, verwendeten Suchbegriffen und Verweildauer auf Videos oder Webseiten, welche Inhalte für uns interessant sein könnten. Das Resultat ist nicht selten eine “Filterbubble”. Wir sehen also nur noch, was uns laut Algorithmus interessiert und beachten dabei andere Seiten kaum.

Viele Kinder und Jugendliche haben und nutzen ein Smartphone. Hiermit haben sie unbegrenzten Zugang zu Informationen, eben auch zu Kriegen und Katastrophen. Negative Nachrichten können permanent auf sie einwirken, ohne dass die Eltern einen Einfluss darauf nehmen können. Hinzu kommt, dass die jüngeren ihre primären Quellen aus Tik Tok, Instagram und YouTube beziehen. Nicht nur geprüfte und seriöse Berichterstattungen sind ihnen so zugänglich, sondern auch Berichte von Soldat*innen, Betroffenen und Geflüchteten. Nicht selten gehen dabei auch besonders ergreifende oder brutale Videos viral.
Ohne den Wahrheitsgehalt zu hinterfragen, werden diese Videos geteilt und kommentiert und dienen dann auch schnell der Meinungsbildung.

Ältere Generationen nutzen tatsächlich eher ihre Fernseher und Printmedien, um sich die Nachrichten anzusehen. Diese Medien sind, wie bereits erwähnt, nicht immer verfügbar und so können die Informationen nur zu bestimmten Tageszeiten in bestimmten Maß gewonnen werden. Oftmals sind diese Nachrichten auch weniger emotionsgeladen und sachlicher als die sozialen Medien.

Wie kann ich mit Kindern über Krieg sprechen?

Die unterschiedliche Mediennutzung der jüngeren Generationen ist ein wichtiger Faktor dabei, was die negativen Nachrichten bei ihnen bewirken und wie sie sich ihre Meinung bilden. Daher ist es unerlässlich, dass mit ihnen über derartige Ereignisse auf der Welt gesprochen wird.

Eigenen Umgang mit Nachrichten hinterfragen

Die schrecklichen Bilder sind auch für Erwachsene durchaus schwer zu verdauen. Bevor ein Gespräch mit Kindern stattfinden kann, ist es daher unerlässlich, sich zunächst selbst Gedanken zu machen und zu prüfen, wie man mit den Nachrichten umgehen kann. Klarheit ist besser, wenn man über schwierige Themen reden möchte. So wird eine gewisse Sachlichkeit und Distanz gewahrt.

Sachlich bleiben und Haltung bewahren

Aufrüttelnde und berührende Nachrichten sind allgegenwärtig und oft ist es nicht einfach, einen klaren Kopf zu behalten. Kinder und Jugendliche orientieren sich jedoch oftmals an uns und beobachten genau, wie wir reagieren. Panik wirkt auf die Jüngeren selbstverständlich anders als Erwachsene, die ruhig die Nachrichten ansehen. Es ist daher wichtig, dass gerade Eltern sich bewusst machen, dass sie eine Vorbildrolle haben und ihre Reaktion auf die Berichterstattungen nicht ungesehen an ihren Kindern vorbeigeht.

Es kann hilfreich sein, beim Erfahren von negativen Nachrichten einen Moment innezuhalten und sich Zeit zum Nachdenken zu lassen. In den verstrichenen Sekunden können die Emotionen kontrolliert werden und auch die Gedanken sind geordneter.
Dabei ist essentiell: Sachlichkeit bedeutet nicht Empathielosigkeit!

Das Unterlassen von Spekulationen ist ebenso ein Faktor dabei, Kindern und Jugendlichen einen besseren Umgang mit schlechten Nachrichten vorzumachen. Kindliche Unsicherheiten können durch Spekulationen nur angeregt werden. Schädlich wäre es dann, wenn die Kinder mit offenen Fragen zurückgelassen werden.

Auszeit von Medien nehmen und sich etwas Gutes tun

Manchmal ist es auch ratsam, sich von den negativen Schlagzeilen abzulenken und gemeinsam Zeit zu verbringen. Wenn sich eine Katastrophe ereignet hat oder ein Krieg ausgebrochen ist, so ist es auch völlig in Ordnung, als Familie etwas Positives zu erleben.

Wenn die Gedanken dauerhaft um die Krisenzeiten kreisen, ist dies langfristig zu belastend. Es ist legitim, sich mit den Betroffenen zu solidarisieren und gleichzeitig etwas für sich zu tun.

Hierzu zählt auch, sich aktiv gegen die dauerhafte Nutzung von Medien zu entscheiden. Wie bereits angemerkt, ist es dank der Smartphones nicht unüblich, dauerhaft und ununterbrochen mit Nachrichten konfrontiert zu werden. Wir selbst und auch die Kinder können mit bestimmten Nutzungsregeln die Bildschirmzeit etwas herunterschrauben.

Geeignete Medien finden

Damit die Informationsquellen nicht nur Tik Tok, Instagram und YouTube sind, kann auf seriöse und sachliche Quellen zurückgegriffen werden. Auch für Kinder gibt es bereits Nachrichten, die in ihrem Ton an das Alter angepasst sind und sich daher besser eignen.

Sehr junge Kinder sollten in ihrer Mediennutzung ohnehin begleitet werden, da sie die auf sie einprasselnden Informationen über Krieg und Katastrophen nicht ausreichend reflektieren können.

Gute Medien können die Erklärung negativer Nachrichten übernehmen und das Verständnis der Kinder verbessern.

Infrage kommen unter anderem:

Kinder unterschiedlichen Alters bedürfen unterschiedliche Herangehensweisen beim Sprechen über Krisen

Natürlich haben sehr junge Kinder ein anderes Auffassungsvermögen als Jugendliche und wenn mit ihnen über Krieg gesprochen wird, unterscheidet sich die Herangehensweise durchaus und erfolgt an das Alter angepasst.

Mit sehr jungen Kindern über Krieg und Katastrophen reden

Kinder im Vorschulalter benötigen eine Wortwahl und einen Satzbau, der dem Entwicklungsstand entsprechend ist. Aber auch sie sind natürlich individuell. Es kann hilfreich sein, sich vor dem Gespräch zu überlegen, welchen Entwicklungsstand es hat und welches Vorwissen dem Kind bekannt ist.

Kinder in dem Alter schrecken oftmals nicht vor Fragen zurück. Anstatt sofort eine passende Antwort parat haben zu müssen, kann auch mit einer Gegenfrage geantwortet werden. So kann in Erfahrung gebracht werden, was das Kind beschäftigt und welche Informationen es bereits besitzt.

Bei der anschließenden Beantwortung der Frage sollte möglichst viel für das Kind geklärt sein, damit es beruhigt sein kann. Sonst passiert es möglicherweise, dass das Kind sich eigene Gedanken macht und durch eigene Fantasie die Lücken füllt.

Mit Grundschulkindern über Krisen sprechen

Bei Kindern im Grundschulalter ist es so, dass sie sich in der Regel bewusst sind, dass irgendwo auf der Welt Krieg und Unruhen herrschen. Einen direkten Bezug gab es aber kaum, denn die Kriegsschauplätze sind weiter weg und sie haben keinen Bezug dazu. Aktuell sind Kriege jedoch ziemlich nah und das bekommen auch die Kinder mit.

Sie können komplexere Fragen stellen, die mitunter moralisch sein können, wie etwa die Frage nach der Schuld oder auch, was passiert, wenn wir selbst angegriffen werden. Die Kinder werden verstehen, wenn ihnen erklärt wird, dass Kriege komplex sind und es oft gar nicht einfach ist, einen Schuldigen festzumachen. Es kann sie beruhigen zu wissen, dass es Gerichte gibt, die das Kriegsgeschehen behandeln und dass auch im Krieg nicht alles erlaubt ist.

Mit Jugendlichen über das Weltgeschehen reden

Ab 10 Jahren etwa, können Kinder die Nachrichten besser zuordnen. Die unzähligen Videos im Internet erlauben jedoch durch die starke Emotionalisierung kaum eine Reflexion. Daher sollte auch weiterhin auf die altersgerechte Informationsquelle geachtet werden.

Oftmals zeigt sich ab dem Alter, dass die Kinder einen eigenen Beitrag leisten möchten. Dabei kann es jederzeit unterstützt werden, auch wenn der Beitrag scheinbar klein erscheint in Anbetracht der prekären Lage.

Mit steigendem Alter wird auch der individuelle Charakter der Kinder immer stärker. Dies muss in Gesprächen über Kriege und Katastrophen unbedingt bedacht werden. Auch sollte Platz für die eigene Meinung gelassen werden.

Was ist, wenn die Kinder selbst betroffen sind?

Es kann natürlich vorkommen, dass ein Kind in der Schulklasse ist, welches besonders von einem aktuellen Konflikt betroffen ist. In derartigen Fällen muss mit sehr viel Feingefühl agiert werden. Unparteilichkeit, Sachlichkeit und Unterstützung sind hierbei besonders wichtig. Wichtig ist hierbei, dass den Kindern klar wird, dass alle Menschen unter Kriegen leiden und nicht eine Seite für schuldig gesprochen wird. Innerhalb der Klasse soll definitiv keine Stimmung gegen einzelne Kinder entstehen, nur weil sie eine bestimmte Herkunft haben.

Zusammenfassung: Wie kann ich mit Kindern über Krieg und Katastrophen sprechen?

Oftmals ist es wirklich nicht leicht, negative Nachrichten mit Kindern zu besprechen. Besonders wichtig ist hierbei jedoch, dass altersgerechte Quellen zum Informationsbezug genutzt werden und sachlich mit ihnen über die Krise gesprochen wird, sodass möglichst keine offenen Fragen übrig bleiben, die die Kinder sonst mit Fantasie füllen. Es erfordert Feingefühl und einen klaren Kopf.

Literatur

Perret, Eliane; Maas, Rüdiger (2022): Wie ich mit Kindern über Krieg und andere Katastrophen spreche. Kiedrich: BrainBook UG.

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